08 Mai 2015

Zehn Lügen der Desinformation in Kolumbien

Im Folgenden wollen wir kurz zehn Lügen der Desinformation in Kolumbien dar- und widerlegen, die von den Medien ständig wiederholt werden.

Obwohl die Medien in einer Demokratie den Auftrag haben sollen, die Menschen zu informieren, ist in Kolumbien bei den Massenmedien klar erkennbar, dass sie eine ideologische Voreingenommenheit besitzen und ganz im Stil ihrer Auftraggeber handeln, der kolumbianischen politischen und wirtschaftlichen Oligarchie. Dabei ist es gerade während des Friedensprozesses zwischen der aufständischen Bewegung FARC-EP und der kolumbianischen Regierung notwendig, dass für eine Deeskalation, Wahrheit und Aufarbeitung gesorgt wird und die Falschinformationen beendet werden.

Dabei ist nicht nur die kolumbianische Linke von der Desinformation betroffen, die regelmäßig als Terroristen gebrandmarkt werden, sondern auch Länder wie Venezuela, Ecuador oder Nicaragua, bzw. politische und soziale Prozesse die sich gegen die herrschende neoliberale und kapitalistische Ordnung richten, werden dämonisiert. Auch wenn alternative Medien, so auch Kolumbieninfo, auf dem Vormarsch sind, gegen die Massenmedien und gegen die vom Staat und Paramilitärs ausgeübte Gewalt ist ein Durchsetzen oftmals nicht einfach.

Nun zu den zehn Lügen:

1. „Die FARC sind eine Drogen-Terrororganisation“
Ungenau. Die FARC sind eine politisch-militärische Organisation. Terrorismus ist eine Methode, die von den Akteuren in einem Krieg oder auch in einem Zustand des Friedens verwendet wird, um allgemeine Angst zu schüren. In ähnlicher Methode wird sie von der kolumbianischen Regierung verwendet und hier durch ihre staatlichen Sicherheitskräfte oder durch paramilitärische Kräfte, finanziert und unterstützt von Politikern und Wirtschaftsbossen, um Bevölkerungsschichten einzuschüchtern oder zu vertreiben. Die FARC-EP jedoch will keinen Krieg gegen die Bevölkerung, auch wenn bei Kampfhandlungen die Zivilbevölkerung oftmals die Leidtragenden sind. Es ist auch wahr, dass während des Krieges die aufständische Bewegung über Steuern zum Anbau und Weiterverkauf von Drogen finanziert wurde. Eine illegalisierte Organisation besitzt nun mal keine legalen Finanzierungsmöglichkeiten. Der kolumbianische Staat hat jedoch auch selbst vom Drogenhandel profitiert, wie die Verstrickungen von Politikern und Militärs in diese Geschäfte zeigen. Zudem profitierte der von der Regierung demobilisierte Drogenparamilitarismus stark von einer hohen Straflosigkeit, obwohl die Gruppen bis heute aktiv sind.

2. „Die FARC greifen die Zivilbevölkerung an“
Eine unvollständige Wahrheit. In einem Krieg oder in bewaffneten Konflikten wirken die verschiedenen Akteure gegeneinander und dabei sind leider auch Personen oder Güter, die nicht zu einem der Akteure gehören, betroffen. Wenn die FARC schwerwiegende „Fehler im Kampf“ eingestehen, sind es die Medien die verschweigen, dass die kolumbianische Regierung stetig das Gleiche ihrerseits tut und häufig vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zitiert wird. Während die FARC auf die Zivilbevölkerung angewiesen sind und auch aus ihr heraus auftritt, ist für die Regierung in vielen Regionen die Zivilbevölkerung wie ein Feind.

3. „Die FARC haben keine Ideologie“
Eine klare Lüge. Wenn die FARC keine politisch-militärische Organisation wäre, mit klarer Struktur und einer politischen Ideologie, dann würden sie nicht mit der Regierung an einem Verhandlungstisch sitzen. Während bei der vermeintlichen Demobilisierung der Paramilitärs nur über die gesetzlichen Grundlagen der Transition und Wiedereingliederung verhandelt wurde, finden nun mit der aufständischen Bewegung neben der Übergangsjustiz Gespräche und Verhandlungen zu Landpolitik, Rechte der Opfer von Konflikten, politische Partizipation , Drogenpolitik, Waffenabgabe, Garantien usw. statt. Dies zeigt klar den Unterschied zwischen kriminellen Drogenbanden und einer Organisation, die seit jeher kommunistische Ziele verfolgt. Unzählige politische Programme zeugen davon.

4. „Die FARC sind als bloße Drogenhändler geboren“
Falsch. Ganz im Gegenteil zu den Darstellungen der Medien entstand die FARC in Marquetalia und anderen Regionen Kolumbiens als Selbstschutzorganisation von kommunistischen Bauern, die in den 1950er und 1960er Jahren von der Regierung bekämpft wurden. Mitte der 1960er Jahre schlossen sich die Bauernverbände zur FARC zusammen mit dem Ziel, eine politisch-militärische Machtergreifung in Kolumbien zu erwirken.

5. „Kolumbien ist eine Demokratie und wenn die FARC beitritt, wird die Demokratie angegriffen“
Lüge. In einem Krieg ist es unmöglich, ein Leben unter der Idee der Demokratie zu führen. In Kolumbien gibt es einen bewaffneten Konflikt schon seit mehr als 50 Jahren. Kolumbien hatte schon immer eine große Maske der Demokratie, denn kritische Meinungen und alternativen Bewegungen wurden regelrecht ausgerottet. Erinnert sei an den politischen Genozid an der von der FARC mitgegründeten linken Partei Unión Patriótica, sowie die vielen Linken, Bauern, Studenten und Gewerkschafter. Eine Demokratie besteht aus der Partizipation verschiedener Strömungen und nicht aus dem ausschließenden Moment.

6. „Das Problem der Landminen ist das der FARC“
Lüge. In einem Krieg nutzen alle Akteure verschiedene Waffen und in einem schmutzigen Krieg, der nur selten direkt ausgetragen wird, sind Minen auf beiden Seiten in Betrieb. Der kolumbianische Staat ist auch für die Minenräumung verantwortlich, wie er beim Friedensprozess in Havanna besprochen wird.

7. „Die FARC wird von einer illegalen zu einer legalen Organisation“
Teilwahrheit. Alles hängt von den wirklichen Bestrebungen in den Verhandlungen und der Politik ab, viel auch von den Sicherheitsgarantien. Es ist auch wahr, dass viele Kongressabgeordnete, Präsidenten, Minister, Generäle, Polizeibeamte, Gouverneure, Bürgermeister und Geschäftstüchtige weiterhin illegal handeln werden, gedeckt durch ihre ungerechten Gesetze, hinter denen sie sich sicher fühlen.

8. „Regierung und FARC unterzeichnen den Frieden“
Ungenau. Was die Parteien in Havanna unterzeichnen ist eine Vereinbarung zwischen zwei Akteuren. Es wird nur eine Phase in einem langen Prozess zu einem Frieden sein, der von vielen Faktoren abhängen wird, nicht nur von der FARC und von der Regierung. Die Regel sieht folgende Linie vor: Erforschung der Konfliktparteien, Annäherung, versöhnliche Gesten, Verhandlungsagenda, Unterzeichnung, Umsetzung der Vereinbarungen, Auswertungen, Überwachung und Kontrolle des Prozesses.

9. „Nach der Unterzeichnung wird der Konflikts in Kolumbien zu Ende sein“
Ebenfalls ungenau. Mit dem aktuellen Friedensprozess, aktuell in der Verhandlungsphase von Vereinbarungen, wird ein Ende des bewaffneten Konfliktes gesucht. Allerdings wird der soziale Konflikte aufgrund sozioökonomischen und kulturellen Strukturen, die bereits in den Institutionen und in ungerechten Gesetzen verwurzelt sind, weiterhin Bestand haben. Daran kann auch eine Unterschrift unter einer Entwaffnung nichts ändern. Die FARC will die Stärkung der Zivilgesellschaft und Partizipation der Bevölkerung in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen. Es wird davon abhängen, wie beispielsweise auch von die sozioökologischen Konflikte im Bereich der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen weitergehen.

10. „Der Frieden hängt von der Unterzeichnung eines Abkommens in Havanna zwischen FARC und der Regierung ab“
Lüge. Die (Neo-)Paramilitärs, die staatlichen Sicherheitskräfte und die Guerilla sind die größten Menschenrechtsverletzer aber sie sind nicht alle diejenigen, die einen wirklichen Frieden mit sozialer Gerechtigkeit machen und wollen. Die FARC will seit dem Beginn der Verhandlungen die Teilhabe der Bevölkerungsschichten und verschiedenen sozialen Bewegungen, die von ihnen repräsentiert werden. Es soll ein Verhandlungsprozess sein, der nicht von oben nach unten, sondern von der Basis und von den Opfern gemacht wird. Es gibt jedoch in der kolumbianischen Gesellschaft und Politik auch Personen, die vom Kriegsgeschäft und den neoliberalen Machenschaften profitieren. Doch solange die Regierung nicht versucht, diese Kräfte wie zum Beispiel paramilitärische Gruppen zu eliminieren, aber auch die Jahrzehnte alten Strukturen von Ungleichheit, Korruption, Patronage, politischer Ausgrenzung zu ändern bzw. zu beseitigen, dann werden neue bewaffnete, jedoch zumindest soziale Konflikte, zweifellos wiedererstehen.