04 Januar 2014

Über den klandestinen Kampf


Die politische Arbeit und der politische Kampf finden nicht nur in der Legalität statt. Oftmals zwingen die gesellschaftlichen und politischen Umstände Bewegungen und Personen dazu, den Kampf im Untergrund zu führen. Hier ein Beispiel aus Kolumbien. 

Die klandestinen Organisationen sind fundamental für den revolutionären Kampf in Kolumbien und für den Kampf eines Neuen Kolumbiens. Sie sind die Grundstruktur in der politischen Arbeit und das Verbindungsglied zwischen den im Untergrund kämpfenden Einheiten und den illegalen und legalen politischen Zusammenhängen, wie den sozialen Bewegungen, Gewerkschaften oder den verschiedenen Zirkeln im gesellschaftlichen Leben. Leider ist es so, dass die klandestinen Organisationen nicht allen Personen eine Mitarbeit und Mitgliedschaft ermöglichen können, sondern nur diejenigen in ihnen partizipieren, die absolut vertrauenswürdig sind. Dies ist ein Nachteil und Vorteil zugleich. Auf der einen Seite können keine Massenveranstaltungen organisiert und die politische Arbeit kann nicht auf breite Schultern verteilt werden. Auf der anderen Seite sind die klandestinen Organisationen so vor ihren Feinden sicher und können nur schwer enttarnt und vernichtet werden. Es liegt an den jeweiligen Kräften innerhalb der Organisationen, einen gesunden Weg zu finden, um sowohl die politische Arbeit mit den Massen, wie Propaganda, Schulungen oder militante Aktionen, als auch die Sicherheit der Kämpfenden zu gewährleisten.

Die politische Arbeit mit den Massen kann durch die Mitglieder der klandestinen Organisationen in eine Art und Weise transformiert werden, in dem sie sich die legalen und halblegalen politischen Strukturen nu Nutze machen. Nicht wenige Mitglieder der Bolivarischen Bewegung (MB) oder der Klandestinen Kommunistischen Partei Kolumbiens (PCCC) sind in Organisationen mit legalem Charakter (Parteien, Gewerkschaften, Stadtteilgruppen) oder halblegalem Charakter (Komitees, soziale Bewegungen) aktiv, die es erlauben, politischen Einfluss auszuüben, Propagandaarbeit durchzuführen und die Logistik zu nutzen. Da es der FARC-EP aufgrund der Einteilung als eine terroristische Organisation derzeit nicht möglich ist, politisch legal zu arbeiten, schafft sie sich mit der MB und der PCCC eigene Strukturen, um Kaderbildung, politische Bildung und Arbeit mit den Massen voranzutreiben, sowie Strukturen zu schaffen, die im Falle eine Legalisierung der politischen Arbeit sofort das Licht der Welt erblicken und handlungsfähig sind. Dabei steht es nicht im Widerspruch, wenn Guerilleros, Milizionäre oder Sympathisanten auch in legalen Organisationen tätig sind, denn ein Milizionär kann Arbeiter sein und somit auch als Gewerkschafter seine Interessen vertreten und ein Student kann mit dem bewaffneten Kampf sympathisieren und natürlich auch Mitglied in einer studentischen Liste sein.

Und so arbeitet vor allem die MB nach den eben beschriebenen Beispielen. Zwischen den verschiedenen Zellen innerhalb der klandestinen Organisationen gibt es keine Verbindungen, denn beim Aufdecken einer Zelle wären die anderen ebenfalls in Gefahr. Die Idee besteht darin, dass sich die Zellen klandestin entwickeln, aber den Empfehlungen der höheren Organe unterstehen, wie der Führungsperson, dem Generalstab oder dem Sekretariat der FARC-EP. Die Zellen halten keine Veranstaltungen oder öffentliche politische Aktionen in ihrem Namen ab, sonst könnten sie entdeckt und vernichtet werden. Sie müssen für sich entscheiden, ab wann sie für eine politische Aktion eine legale oder halblegale Organisation nutzen, um ihre Inhalte zu übermitteln. Dabei müssen sie Kompromisse eingehen und behutsam vorgehen, denn der revolutionäre und bewaffnete Kampf muss verklausuliert und politische Themen sensibler angegangen werden. Ihre politischen Inhalte und tiefsten Überzeugungen geben sie damit nicht auf, sondern sie tasten sich langsam an das politische Ziel heran, ein Klima für den Umschwung und ein Klima für ein Neues Kolumbien zu schaffen.

Verantwortung und Fingerspitzengefühl sind hierbei gefragt. Bei der Auswahl zwischen klandestiner und legaler politischer Arbeit, bei der Auswahl der Aktionsformen und der Themen, aber auch bei Art und Weise, wie die Aktionen oder Themen vorgetragen werden, gibt es kein Schema. Die politische Arbeit mit den Massen kann sehr unterschiedlich sein, sich temporär ändern und den jeweiligen Gegebenheiten, Orten und Umständen anpassen. Die Bevölkerung ist keine homogene Masse, sondern die Massen sind in diverse Schichten, Gruppen, Interessen, Mentalitäten, Lebensumstände und Probleme unterteilt, die es nicht erlauben, nach einer strikten Form vorzugehen. Die Wichtigkeit ist es, die eigenen Strukturen politisch zu stärken und Sympathien in der Bevölkerung für die revolutionäre Sache, für die revolutionäre Bewegung aufzubauen. Heute zeigt sich Kolumbien, mit den Massenprotesten gegen die politische, soziale und ökonomische Situation Kolumbiens in den verschiedenen sozialen Sektoren und mit den Friedensverhandlungen der FARC-EP und der Regierung in Kuba von einer rebellischen Seite, in der die Massen nach Veränderung, Teilhabe und sozialer Gerechtigkeit schreien. Und hier gilt es, mit der politischen Arbeit zu beginnen, sie fortzuführen oder sie zu stärken. Nicht nur in Kolumbien, auch in Europa!

Die Bolivarische Bewegung

Am 29. April des Jahres 2000 gibt die FARC-EP die Gründung einer neuen politischen Organisation mit dem Namen „Movimiento Bolivariano por la Nueva Colombia“ (kurz: MB) bekannt. Bis zu jenem Zeitpunkt fehlte eine politische Struktur nach Außen, um politische Arbeit mit den Massen durchzuführen. Die MB beruft sich, wie der Name schon verrät, auf die Ideale des Freiheitskampfes von Simón Bolívar und auf den Sozialismus, ist jedoch eine klandestin arbeitende Bewegung. Das MB ist keine Partei, sondern soll den bewaffneten Kampf über eine breite Basis stärken, so gesehen gilt diese Bewegung eher als eine Plattform. Die Klandestinität soll die Sicherheit die Mitglieder schützen, zudem wird die Guerilla von Kolumbien und anderen Ländern als terroristische Organisation eingestuft, weshalb ihr nahestehende Organisationen verboten sind. Vereinstypische Merkmale wie Mitgliederzahlen, Statuten oder Vereinsstrukturen sind nicht vorhanden. Organisiert ist die MB in kleinen Zellen, die nach den lokalen und politischen Umständen in Region, Stadt, Universität oder Fabrik unterteilt sein können. Die Mitglieder des MB machen relativ viele Propagandaaktionen, unter anderem bei Demonstrationen, in den Vierteln, in den Schulen und in den Universitäten. Von der MB werden Zeitungen und politische Hefte herausgegeben. Weitere Ziele sind Veranstaltungen, politische Schulung, Rekrutierung und die gesellschaftliche Einflussnahme zugunsten der Guerilla, besonders in den urbanen Zentren Kolumbiens.