15 Dezember 2013

Was geschieht nach der Waffenruhe?

Das ist die Frage, die sich viele Leute in Kolumbien stellen. Wir alle wissen zumindest, was in der Vergangenheit schon mehrmals geschah. Die Guerilla M-19 legte ihre Waffen ab, ließ sich in das politische System einbinden und trotzdem wurde ein Großteil ihrer Mitglieder ermordet. Schon zuvor verkündeten die FARC eine Waffenruhe. Damals befanden sie sich im Friedensprozess mit Belisario Betancur. Auch hier wissen wir, was geschah. Der politische Weg der FARC mit der Unión Patriótica wurde mit Waffen bekämpft, von paramilitärischen Gruppen, die die volle Unterstützung der Armee und von Teilen der Regierung hatten. Die FARC griffen wieder zu den Waffen und die Jahre vergingen, nicht ohne erneute Waffenruhe und Friedensprozesse anzubieten. Mittlerweile sind Generationen von Guerilleros und Generationen der Bevölkerung Leidtragende im Konflikt geworden, viele starben, unter ihnen führende Persönlichkeiten der aufständischen Bewegung wie Jacobo Arenas, Manuel Marulanda, Jorge Briceño oder Alfonso Cano. Vielleicht ist es deswegen wichtig zu überlegen, was nach der Waffenruhe geschieht. Vielleicht ist es deswegen wichtig, den Friedensprozess zu beenden, um das blutige Kapitel endlich zu beenden. Doch kann man einfach so seine Waffen niederlegen, wenn man für ein wirkliche Demokratie und soziale Gerechtigkeit kämpft, am Ende aber alles beim Alten bleibt? Kann man seine Waffen einfach so niederlegen, wenn man auf der Straße lautstark und kritisch Brot und Freiheit fordert, dann aber später erschossen wird? Kann man einfach so seine Waffen niederlegen, wenn man mitansehen muss, wie der rechtskräftig gewählte linksalternative Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro, durch den Oberstaatsanwalt Alejandro Ordóñez aus dem Amt geworfen wird, weil er privaten Firmen wegen Missmanagement und Finanzspekulation die Konzessionen entzog.

Nun haben die FARC über Weihnachten und Neujahr eine einseitige Waffenruhe ausgerufen. Nicht die erste ihrer Art. Die Waffenruhe endet Mitte Januar, nach den von der Guerilla bestimmten 30 Tagen. Für die Zeit des einseitigen Waffenruhe bedeutet es hoffentlich ein Nachdenken und Ausruhen. Das Ende der Waffenruhe ist jedoch jetzt schon eine schlechte Nachricht für Guerilleros, Soldaten und Bevölkerung. Bei der letzten von der FARC ausgerufenen Waffenruhe im letzten Jahr sind die Kämpfe und offensive Aktionen zurückgegangen. Und dies obwohl die Armee weiterhin militärischen Handlungen durchführte. Doch ein bilateraler Waffenstillstand scheint nach den Aussagen von Regierung und Armee derzeit unmöglich. Dabei zeigen die FARC wieder einmal, wie ernst sie es mit Frieden und einer politischen Lösung meinen. Es wäre Zeit, dass die Regierung diese Werte anerkennt und sie dem Waffenstillstand und den Friedensverhandlungen ein tatsächliches politisches Gewicht beimisst. Dort, wo im letzten Jahr wenig Armee stationiert war (Guaviare, Meta, Caquetá y Putumayo), dort kam es zu keinen nennenswerten Kämpfen, doch dort, wo die Armee stark präsent war (Cauca), kam es trotz der einseitigen Waffenruhe zu kämpfen. Die Geschichte zeigt, dass unilaterale oder auch bilaterale Waffenstillstände nicht von Verletzungen befreit waren. Aber Waffenstillstände bedeuten zumindest, dass man politisch auch andere Wege zur Konfliktlösung vorzieht und sich nicht nur mit dem Krieg beschäftigt. Was im Januar passieren wird, wissen wir nicht. Aber es sieht ganz danach aus, dass es weiter Angriffe, Explosionen, Minen, Bombardierungen und Vertreibung geben wird.