14 Juni 2013

Erneute soziale Kämpfe in Catatumbo


Verursacht durch die humanitäre Krise und die Misserfolge der Regierung kommt es derzeit in der Region Catatumbo in der Provinz Norte de Santander zu sozialen Protesten und Massenmobilisierungen. Erneut blockierten mehr als 500 Menschen die wichtige Verbindungsstraße Tibú-Cúcuta.

Während der letzten 70 Jahre war die Region Catatumbo geprägt von Ausbeutung, Plünderungen, Massakern und systematischen Menschenrechtsverletzungen durch transnationale Konzerne und den jeweiligen an der Macht befindlichen Regierungen. Als ein Epizentrum des bewaffneten und sozialen Konflikts waren die einheimischen Menschen seit jeher von der Eskalation betroffen. Durch spontane Aufstände und sozialen Protest ihrerseits versuchten sie regelmäßig auf ihre Situation aufmerksam zu machen. In den letzten Monaten hat sich die Situation dramatisch verschlechtert und zugespitzt.

Seit mehreren Jahren versuchen die Bauern der Region Catatumbo Vorschläge zur Verbesserung der Lebensbedingungen einzubringen. Organisiert sind die Bauern sowohl in nichtstaatlichen Verbänden und Organisationen als auch in den aufständischen Bewegungen. Ein Kernvorschlag betrifft die Einrichtung von sogenannten Agrarschutzgebieten, in denen die ländliche Bevölkerung, die Sozial- und Wirtschaftsstruktur und die Umwelt unter einem besonderen Schutz stehen. Die FARC-EP haben bei ihren Friedensverhandlungen mit der kolumbianischen Regierung wiederholt solche Agrarschutzgebiete gefordert. Rechtlich festgeschrieben sind diese Agrarschutzgebiete und der Schutz der ländlichen Wirtschafts- und Sozialstrukturen im Gesetz 160 von 1994 und im Dekret 1777 von 1996.

Mittels Faktoren wie der Gründung  eines speziellen Planes zur nachhaltigen Entwicklung, die Abgrenzung des Agrarschutzgebietes und die anschließende Konstituierung im März 2012 mit mehr als 250 Delegierten aus den verschiedensten Basisorganisationen wurde der Grundstein für ein Agrarschutzgebiet gelegt. Dagegen stehen die Nichterfüllung von Aufgaben durch die Regierung und der fehlende politische Wille, das Agrarschutzgebiet Catatumbo anzuerkennen. Wie so häufig werden historische und politische Vorgaben und die Gesetzgebung missachtet.

Generell stehen dem Aufbau bzw. der Weiterentwicklung dieser Zone folgende Punkte im Weg. Zum einen der Militärplan der Regierung „Plan Nacional de Consolidación“, der das ganze Territorium der Region Catatumbo umfasst. Mit ihm will die Regierung vermeintliche Basiszonen der Guerilla zurückerobern. Dafür wurden 2,3 Billionen kolumbianische Pesos im Jahr 2012 ausgegeben. In Wirklichkeit werden mit der Militärpräsenz und den Operationen systematisch die Menschenrechte verletzt, Personen eingeschüchtert und vertrieben. Die Militarisierung steht im Widerspruch zur Autonomie dieser Zone, denn ein Ziel ist der Schutz der transnationalen Konzerne, die die natürlichen Ressourcen ausplündern, die Megaprojekte installieren und agro-industrielle Projekte umsetzen. Von Selbstbestimmung oder Teilhabe an den Gewinnen profitiert nur die Oligarchie.

Ein zweiter wichtiger Punkt, der das Leben und die Schaffung eines Agrarschutzgebietes beeinträchtigt, sind die sogenannten Mega-Bergbauprojekte und die einhergehenden Bedrohungen des bäuerlichen sozialen und wirtschaftlichen Lebens sowie der Umwelt durch die Tagebaue und die Ausplünderung der natürlichen Ressourcen. Unter dem Motto „Wohlstand für alle“ führte Präsident Santos die Lokomotive Bergbau ein, um den nationalen Entwicklungsplan durchzuführen. Die Folgen sind fatal. Mittels preiswerter und alles andere als fairer Konzessionen wird Kohle, Eisen und Kupfer gewonnen, Öl gefördert und Plantagen von Ölpalmen angelegt, die den Wirtschaftsinteressen der Oberschicht und anderer Länder dienen, während ein Großteil der Bevölkerung in Armut und Vertreibung lebt.

Für das Militär und für die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen werden Straßen und Eisenbahnstrecken angelegt, Wasserkraftwerke für die Energiegewinnung geschaffen und weitere strategische wichtige Maßnahmen durchgeführt, die nicht auf die Lebensbedingungen und Bedürfnisse der Bauern zugeschnitten sind, sondern einzig und allein den Wirtschaftsinteressen untergeordnet sind. Gegen diese Politik gibt es reichlich Widerstand. Aufständische Bewegungen wie die FARC-EP kämpfen sowohl militärisch als auch politisch gegen die repressive Politik der Oligarchie. Mittels sozialen Protestes, wie jener der Menschen bei der Besetzung der Straße zwischen den Städten Tibú und Cúcuta, will sich die Bevölkerung Gehör verschaffen.