10 Februar 2013

Santrich: Thema der politischen Gefangenen


Jesús Santrich, einer der Delegierten der Verhandlungskommission der FARC-EP in Kuba berichtet ausführlich über die unmenschliche und extreme Situation der politischen und sozialen Gefangenen in den kolumbianischen Gefängnissen. Er sagt dazu: „Die kolumbianischen Gefängnisse sind menschliche Mülldeponien.“ Folter, medizinische Unterversorgung, Verstümmelungen und Überbelegung ist Teil der systematischen Verletzungen der Menschenrechte, klagte er in einem Interview an. 

 
Gegenüber Journalisten klagt Jesús Santrich die unmenschliche Situation der politischen Gefangenen in Kolumbien und die Zensur durch die Medien an. Nur selten berichten die Medien über die Zustände in den Gefängnissen Kolumbiens. Es gibt keine sozialen Dienstleistungen und nur ungenügende Versorgung mit allen zum Leben notwendigen Dingen, keinen regelmäßigen Zugang zu Trinkwasser, eine schlechte Qualität des Essens und verdorbene Lebensmittel, viele Krankheiten, kaum ärztliche Versorgung und somit einen schleichenden Tod auf Raten, es gibt Folter und Bedrohungen durch das Personal und Überbelegung und fehlender privater Rückzugsraum führen zu psychologischen Schäden. Zudem stehen die Gefängnisse teilweise unter Kontrolle von Mafiagruppen, die mit dem staatlichen Sicherheitspersonal (Inpec) zusammenarbeiten. Die Inhaftierten müssen oftmals jahrelang in den Gefängnissen ausharren, bevor der Prozess beginnt. Die Prozesse selbst sind jedoch häufig eine Farce und werden willkürlich und ohne Zugang zu anwaltlichen Beistand durchgeführt.

Die Gefängnisse sind dabei ein Spiegelbild der kolumbianischen Politik, die durch Repression und eine Politik auffällt, die sich nicht an den Bedürfnissen der einfachen Leute und Mehrheit des Landes orientiert, sondern an die Interessen der Oligarchie und transnationalen Konzerne. Die Situation in den Gefängnissen verdeutlicht die soziale und politische Misere des ganzen Landes. So ist es nicht verwunderlich, dass unter den Tausenden politischen Gefangenen viele aus den Gewerkschaften, den sozialen Bewegungen und Bauernverbänden kommen. Neben den politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der Guerilla bilden diese den größten Anteil. Schätzungen gehen von mindestens 7500 und bis zu 9500 politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen aus, einen der höchsten Anteile in der Welt. In diesem Jahr wird wohl eine Zahl von insgesamt 130.000 Inhaftierten in den kolumbianischen Gefängnissen erreicht werden.

Der Willkürlichkeit der Festnahmen und Gerichtsprozesse sind dabei keine Grenzen gesetzt. Unter dem Ex-Präsident Uribe manifestierte sich eine Politik der Repression, Gefangennahme und Verurteilung von politisch und sozial engagierten Menschen, Kritikern und Gewerkschaftern. Die politische und soziale Opposition sollte durch diese Maßnahmen eingeschüchtert und zerstört werden. Es begann ein Krieg ohne Waffen, in dem sich das oligarchische System ihrer halblegalen Mittel bediente. Die Zahl der Gefangenen stieg enorm und neue Gefängnisse wurden gebaut. Diese Repression drückt sich auch in aktuellen Zahlen aus. So gehen offizielle Statistiken von einer Überbelegung von 33 Prozent aus, das heißt, dass die Zahl der überbelegten Inhaftierten bei 43.000 liegt.

Doch nicht nur die Gefangenen selbst sind den unmenschlichen Bedingungen und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Auch die Familien und Freundeskreise der Gefangenen werden systematisch bedroht und unter Druck gesetzt. Besonders Angehörige und Familien von oppositionellen Kräften und der aufständischen Bewegung FARC-EP gehören zu den Opfern. Staatliche Sicherheitskräfte in Zusammenarbeit mit paramilitärischen Gruppen schüchtern die Familien und Angehörigen ein, Besuche werden nicht erlaubt, sie werden in der Öffentlichkeit als Guerilleros denunziert und im schlimmsten Fall umgebracht. Die Art der Repression im und außerhalb des Gefängnisses ist ein Mechanismus der sozialen Kontrolle des Staates seinen Feinden gegenüber.

Für die FARC-EP ist das Thema der politischen Gefangenen stetig präsent. Mehr als 1000 Guerilleros aus der politisch-militärischen Organisation sind inhaftiert. Immer wieder, wie aktuell durch Jesús Santrich, wird versucht, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. In seinem Aufruf appelliert er an die kolumbianische Regierung und die Vereinigten Staaten, die menschlichen Werte der Gesellschaft zu respektieren. Santrich erinnert daran, dass an den Verhandlungen weiterhin der Kommandant Simón Trinidad fehlt, der in einem Gefängnis in den USA einsitzt. Bereits Ende des vergangenen Jahres gab es einen Bericht einer Kommission von Menschenrechtsgruppen und Kongressabgeordneten, die sich mit den Haftbedingungen der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der FARC-EP auseinandersetzte. Daraufhin wurde zwar bekannt, dass es regelmäßige Treffen zwischen der Kommission und dem kolumbianischen Ministerium für Justiz geben werde, weitere Schritte wurden jedoch nicht genannt.