03 Januar 2013

Neujahrsgrüße der FARC-EP


Der Jahreswechsel ist in den revolutionären Organisationen wie der FARC-EP die traditionelle Zeit, um mittels Kommuniqués Grußbotschaften, Jahresrückblicke und Ziele für das neue Jahr an alle Menschen zu senden. Auch zum Jahreswechsel 2012/2013 verabschiedeten die verschiedenen Kommandostrukturen Erklärungen und Kommuniqués, sowohl an ihre Kampfeinheiten, als auch an die politischen Strukturen, Freunde und Unterstützer oder an die Gegenseite, wie zum Beispiel die Soldaten und Polizisten im Dienste der Regierung.


Allgemein gehalten und an alle Interessierten gerichtet ist ein Kommuniqué der derzeit wohl aktivsten militärischen Struktur der FARC-EP, dem Militärblock „Alfonso Cano“ aus den südwestlichen Regionen Kolumbiens. „Guerillakämpfer und Guerillakämpferinnen, Mitglieder der Klandestinen Partei, Mitglieder in der Bolivarischen Bewegung, politische Gefangene, Freunde und alle Landsleute. Sie erhalten unseren patriotischen Gruß und wünschen, dass das Jahr in Frieden und Harmonie endet. Wir sind voller Hoffnung, dass das Jahr 2013 in unsere Geschichte eingehen wird mit der Unterzeichnung von Vereinbarungen, um den Bürgerkrieg endgültig zu beenden, der für mehr als ein halbes Jahrhundert die kolumbianische Nation ausgeblutet und ruiniert hat.“
Anschließend werden die Probleme des Landes erwähnt, die täglich bei der Bevölkerung zu erkennen sind. Zum einen existieren hier die kolumbianische Oligarchie, die aufgrund der Ausbeutung der Menschen und der natürlichen Ressourcen in Saus und Braus lebt und zum anderen die Bevölkerungsmehrheit, die unter der sozialen Misere zu leiden hat und am scheinbaren Reichtum des Landes nicht profitieren kann. So die Erklärung im Kommuniqué: „Die Wirklichkeit, die die Kolumbianer im vergangenen Jahr hinter sich ließen, ist jedoch gegenteilig. Auf der einen Seite gab es saftige Gewinne für das Finanzsystem und die großen Unternehmen der Industrie und agrarindustriellen Betriebe, für die Monopolisten und für die kommerziellen Ketten, für die multinationalen Konzerne, die im Tempo einer Lokomotive Tag für Tag Tausende von Tonnen unseres Goldes, Silbers, Erdöls, unsere Kohle und anderer Mineralien aus unserer Heimat rauben, dank der demütigenden Konditionen welche von den letzten Regierungen erteilt wurden (...).“
Auch die Folgen werden anschließend benannt: Als logische Konsequenz leiden die ärmeren Klassen an einer Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen mit steigenden Steuern, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, (…), einem altersschwachen und verbrecherischen Gesundheitssystem, Korruption, Privatisierung von Bildung, Landlosigkeit und einer Krise in der landwirtschaftlichen Produktion und einem Fehlen von Wohnungen (…).“
Daraus wird gefolgert, dass das neoliberale Wirtschaftsmodell nicht für eine Verbesserung der Lebensbedingungen und Frieden sorgen kann. Der Friedensdialog, der nun begonnen wurde, sei nicht vom Himmel gefallen, sondern ist der Erfolg eines jahrelangen Kampfes. Die großen Mobilisierung in der Bevölkerung und die Arbeit der sozialen Bewegungen haben ihren Anteil daran. Der Zentralstab des Militärblocks „Alfonso Cano“ endet mit einem Gruß an die Familien, die den Schmerz und das Blut ihrer Lieben ertragen müssen, die für den Kampf gegen die Ungerechtigkeit gefallen sind und an die Kriegsgefangenen, die ihre Kämpfe in einer anderen Umgebung austragen.

Ein anderes Kommuniqué richtet sich unter dem Namen Weihnachts- und Neujahrsgruß an die Polizisten und Soldaten, die politisch und militärisch eher auf der gegnerischen Seite zu verorten sind. Doch seit jeher betont die FARC-EP, dass sich der Kampf nicht primär gegen die staatlichen Sicherheitskräfte und den einfachen Soldaten richtet, der schließlich auch nur den Befehlen der Gesetze und des Zwanges untergeordnet ist. „Das Militär und die Polizei sind nicht diejenigen, die politische Entscheidungen entwerfen, sondern die Ausführenden der politischer Entscheidungen von professionellen Politikern.“ Letztendlich sind es die einfachen Soldaten, die ihr Leben für die dominante Klasse riskieren. Und weiter: „Jedes Mal, wenn die Aufständischen Gespräche über den Frieden auf den Weg gebracht haben, wurden die Interessen der dominanten Klasse und Reichen geltend gemacht und dem Vorrang gegeben. Es sind diejenigen die weiterhin das Blut vergießen wollen, bevor über ihre Privilegien verhandelt und sie reduziert werden.“
„Die Streitkräfte von Militär und Polizei, immer ausgefeiltere Waffen und die stetigen repressive Operationen sorgen nicht für eine Pazifizierung. Sie gewährleisten nur den Weiterbestand der Ungerechtigkeit, welche für den Krieg und immer mehr Tote und Leid in Kolumbien verantwortlich sind.“ Nun sei es an der Zweit, dass Soldaten und Polizisten den Krieg beenden. Sie und ihre Familien sind genauso verarmt wie die anderen 30 Millionen Kolumbianer. Sie sollen nicht weiter die Befehle des Südkommandos der USA ausführen und weiter Tausende von Landsleuten für die Interessen von Banken, Multinationalen und Großgrundbesitzer umbringen.
„Geben Sie sich diese Weihnachten und Neujahr Zeit zum Nachdenken. Arbeit, anständiges Einkommen, Gesundheit, Wohnungen, Bildung, Respekt für andere Ideen, aufrichtige Liebe für das Land sind einfache Forderungen, die nicht länger die Ursache sein dürfen, für den Schmerz und Tod zwischen Brüdern.“ Unterzeichnet ist das Kommuniqué vom Sekretariat des Zentralen Generalstabs der FARC-EP, dem höchsten Gremium.

Ebenfalls vom Sekretariat der FARC-EP kommt das Kommuniqué „Der Frieden gehört dem Volk“. Wie die Namensgebung schon verrät, sind die aktuellen Verhandlungen das zentrale Thema der Erklärung, das sich an die gesamte Öffentlichkeit wendet.
„Vielleicht ist einer der positivsten Aspekte, was uns 2012 hinterlässt, das nun zu Ende geht, die Eröffnung der Gespräche zwischen der Regierung und der FARC-EP in Havanna. Dies eröffnet die Möglichkeit einer zivilisierten Lösung für die lange und schmerzhafte Auseinandersetzung zwischen den Kolumbianern, mit allem, wie sich ein Konflikt zusammensetzt. Der Weg zu diesem Punkt ist nicht leicht gewesen. Es handelt sich darum, den Widerstand der wirtschaftlichen, politischen, ökonomischen und militärischen Sektoren zu besiegen, die eine US-Intervention unterstützen und sich weigern, die Notwendigkeit einer politischen Lösung des sozialen und bewaffneten Konfliktes, der das Land ausbluten lässt, zu akzeptieren. Sie glauben, dass ohne den Krieg die Hegemonie ihrer Klasse bedroht ist und aus diesem Grund haben sie Angst vor dem Frieden (…).“
Im Kommuniqué wird aufgezählt, wie schwierig sich die Verhandlungen für die FARC-EP gestalten. Ein anderes Gesellschaftsmodell, ein andere Wirtschaftsform und das demokratische System stehen nicht zur Debatte, die Reformen müssen erst im Kongress diskutiert werden und die Interessen des Kapitals und der Kapitalgeber sollen weiterhin garantiert werden. Die FARC-EP hingegen soll die Waffen abgeben, Frieden schließen und sich der dominierenden Klasse unterordnen. Die abgeschlossen Reformen gegen den Willen der Bevölkerung, der Freihandelsvertrag mit der Europäischen Union, die militärische Aggression rechtfertigen eigentlich weiterhin den Aufstand.
„Deshalb grüßen die FARC-EP die Kolumbianer zum Beginn des Jahres 2013 und können sie nur beschwören, eine führende Rolle in diesem Stadium der Diskussion zu den wichtigen Themen anzunehmen (…).“ Zusammen mit den Aufständischen sollen die Kolumbianer das Wort erheben. Nur durch einen offenen und demokratischen Austausch und wirkliche Veränderungen im Land könne ein neues und gerechtes Kolumbien erreicht werden. Am Ende wird das Volk aufgerufen, sich die Straßen und die Plätze des Landes zurückzuholen. Nur mit öffentlicher Mobilisierung der Massen und mit Überzeugungsarbeit gegen jene, die nicht den friedlichen Weg gehen wollen, kann der Frieden aufgebaut werden. „Für den Frieden mit sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Souveränität! Mobilisierung und Kampf der Massen. Wir sind FARC, die Armee des Volkes!“

Auch die Delegation der FARC-EP, die sich derzeit in Kubas Hauptstadt Havanna aufhält, veröffentlichte eine Grußbotschaft. Die aus rund 30 Personen bestehende Delegation veröffentlichte ein Video, in dem verschiedene Delegationsteilnehmer zu hören sind.
Iván Marquéz, Verhandlungsführer der Delegation, betonte, dass getreu dem „nationalen Aufschrei nach sozialer Gerechtigkeit, Souveränität und echte Demokratie“ die Arbeit an den Verhandlungstischen fortgesetzt werde. „Wir hoffen, dass das Jahr 2013 durch Mobilisierung und Kampf ein Jahr der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften werden wird“, so Marquéz. Jesús Santrich macht darauf aufmerksam, wie groß das Bedürfnis der Kolumbianer nach sozialer Gerechtigkeit sei. Ricardo Téllez richtet seine Worte an die sozialen Organisationen, Frauen, Afrokolumbianer, Indigenen, Arbeiter, Studenten und an das ganze Kolumbien. Die Kriegsgefangenen werden von Andrés París erwähnt und versichert dabei, dass ihre Befreiung Teil der Gespräche mit den Delegierten der Regierung sein werden. Die in Holland geborene Tanja Nijmeijer, auch unter dem Namen Alexandra Nariño bekannt, spricht explizit die Studierenden an.  „Die Studentenbewegungen haben immer eine wichtige Rolle in dem Kampf der Völker der Welt gespielt. Sie sind diejenigen, die die Ideen im Kopf haben, um eine bessere Zukunft zu schaffen, die Jugendliche sind diejenigen, die die Zukunft machen.“

Weitere Kommuniqués ergingen an die politischen Strukturen der FARC-EP, dem Movimiento Bolivariano (Bolivarische Bewegung für ein Neues Kolumbien) und an die klandestine kommunistische Partei (Partido Comunista Clandestino Colombiano).