14 Oktober 2012

Ein Argentinier in der Guerilla


Eine internationale Solidaritätsbewegung wie in den 70er und 80er Jahren mit Vietnam oder Nikaragua ist zwar mit der derzeitigen Unterstützung für die kolumbianischen Aufständischen nicht vergleichbar, doch soll nicht geschmälert werden, dass auch die durch die nationale und internationale Medienlandschaft stark diffamierte Guerilla FARC-EP internationale Kontakte und Unterstützung erhält. Neben verschiedenen Menschenrechts- und Friedensgruppen in den europäischen und lateinamerikanischen Ländern, bis hin zu aktiven klandestinen Zellen, die im direkten Kontakt mit der FARC-EP stehen, sind dies zum Beispiel auch nicht-kolumbianische Kämpfer, die direkt in den Reihen der FARC-EP kämpfen.

Warum kämpft ein Argentinier in den Reihen der FARC-EP? Die Schlacht von Ayacucho war die entscheidende Schlacht für die Unabhängigkeit Lateinamerikas unter der Führung von Simón Bolívar. Heute findet die Schlacht von Ayacucho in den kolumbianischen Regionen von Meta und Caquetá statt. Die Unabhängigkeitskriege in Lateinamerika waren immer geprägt von der Präsenz von Kämpfern aus verschiedenen Ländern, so der Argentinier „Camilo“.

Der Argentinier Facundo Morales Schoenfeld, bekannt unter dem Namen „Camilo“, ist Mitglied der FARC-EP seit 2002. Aktuell kommandiert er die mobile Kolonne Teófilo Forero, die dem militärischen Ostblock der FARC-EP zugeordnet ist. Im Februar 2010 war er den staatlichen Sicherheitskräften aufgefallen, seine Mitgliedschaft und sein Wirken wurden dann im Februar 2011 der Öffentlichkeit bekannt. Immer wieder wurde gesagt, dass er gefallen bzw. kurz vor seinem Tod stehe. Nun hat er im August, kurz vor dem Bekanntwerden der Friedensverhandlungen zwischen Regierung und Guerilla, ein Interview gegeben, welches hier kurz ausgewertet werden soll.

„Camilo“ entschied sich im Jahr 2001 nach Kolumbien zu gehen. Zu jener Zeit gab es in Argentinien einen großen Aufstand gegen das neoliberale System und die Krise. Fünf Präsidenten erlebten innerhalb kürzester Zeit die Wut der Bevölkerung. Doch was dem Aufstand fehlte, war die Organisation. Es gab viele linke Kleinparteien, keine Führungspersonen, diese oftmals untereinander zerstritten, und somit fehlte es dem Aufstand an Orientierung. „Camilo“ kam zu dem Entschluss, dass man mit nur einer Kampffront der FARC-EP in jenen Tag viel hätte erreichen können. Die ganze aufständische Kraft hätte durch ein strukturiertes Volksheer oder eine Kampffront gebündelt werden können.

Man muss alle Möglichkeiten nutzen, denn man lebt nur einmal, sagt „Camilo“ zu dem Entschluss, nach Kolumbien zu gehen. Er wollte nicht länger warten und so schloss er sich der FARC-EP an. Schon seit den 1990er Jahren interessierte ihn die aufständische Bewegung in Kolumbien. In dieser Zeit gab es bei ihm die innere Bereitschaft ein Guerillero zu werden. Als Jugendlicher las er die Biographie von Che und er wollte so sein wie er. Die Bereitschaft, die Moral und die Entscheidung zu siegen oder zu sterben, kann ein Land verändern.

Um den bewaffneten Konflikt zu lösen muss die Macht erobert werden, sagt „Camilo“. Die Macht zu erobern muss nicht mit dem Mittel des Waffengangs passieren. Die FARC-EP verschließt sich nicht davor, dass nur mit Waffen das Ziel des Friedens erreicht werden kann, sondern auch dies kann durchaus auf friedlichem Weg geschehen. Die Politik der Regierungen und die Militärstrategie haben das bisher verhindert, denn der Krieg ist für sie ein großes Geschäft.  Die FARC-EP will einen echten Frieden und eine echte Veränderung im Land.

Der Argentinier „Camilo“ ist nicht der einzige Kämpfer in der FARC-EP, der aus einem anderen Land kommt. Ebenso bekannt dürfte die Niederländerin Tanja Nijmeijer sein, die ebenfalls seit 2002 in den Reihen der FARC-EP kämpft. Zuerst war sie in den Milizen organisiert, bis sie Teil des östlichen Militärblocks der FARC-EP wurde. Neben „Camilo“ und Tanja alias „Alexandra“ kommen weitere Kämpfer aus Argentinien und den Niederlanden. Außerdem vertreten sind Kämpfer aus Ländern wie Venezuela, Chile, Ekuador oder Kanada.